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1996-04-17
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13KB
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124 lines
Betina Mustermann
Musterhausen, den 28.08.1996
Mustergasse 11
12345 Musterhausen
Telefon: 0 12 34 / 5 67 89
Michaela Musterfrau
Fantasiestraße 1
67890 Fantasiestadt
Liebe Michaela,
Du hast mir am Sonntag sehr gefehlt. Wie hätte ich gewünscht, daß Du unser
Kinderfest miterlebt hättest. Es war so rundum wohlgelungen, von Anfang bis
Ende, so daß unsere mühevollen Vorbereitungen reichlich belohnt wurden.
Petrus war uns wohlgesonnen und schob rechtzeitig alle drohenden Wolken fort.
Die Kinder aller Kindergärten der Stadt durften je zwei Angehörige mitbringen.
Ich glaube aber, daß einige mogelten und "zusätzliche" Tanten und Omas
einschmuggelten. Denn es fanden sich weitaus mehr Gäste ein, als wir erwartet
hatten. Wir mußten in zwei "Schichten" Kaffee trinken.
Zunächst stellten sich die Kinder in Reihen auf und sangen mit ihren hellen
Stimmen die Lieder, die wir eingeübt hatten. Du kannst Dir denken, daß die
Mütter reichen Beifall spendeten. Nach dem Kaffee, zu dem der mitgebrachte
Kuchen verzehrt wurde, teilten sich die Kinder in einzelne Gruppen auf. Unser
Kindergarten führte Reigen und Tänze vor. Merkwürdigerweise klappte alles
tausendmal besser als bei der Generalprobe. Ich hätte also in der Nacht vor dem
Gartenfest ruhiger schlafen können.
Unser großes Talent, die fünfjährige Jasmin Hoppe, hatte nach den Tänzen
Gelegenheit, vor die Öffentlichkeit zu treten. Sie hatte die "Hauptrolle" in
einem Märchenspiel, das die Tochter des Bürgermeisters verfaßt hat, und das nun
von den kleinen "Stars" unseres Kindergartens vorgeführt wurde. Du hättest
sehen sollen, mit welchem Eifer die Kinder ihre Rollen spielten. Sie lebten so
sehr darin, daß man meinen könnte, die Tränen seien echt geweint, als die
Prinzessin von dem bösen Zauberer geraubt wurde. Natürlich war der Raub nicht
endgültig. Der unvermeidliche Königssohn erschien zur rechten Zeit als tapferer
Held und Retter.
Kaum war das Stück zu Ende, hatten es die Kinder eilig, sich - mit Hilfe der
Mütter - für den Sport umzuziehen. Wir hatten Wettläufe, Weitsprünge und ein
Ballspiel mit zwei Parteien vorgesehen. Ein kleiner Junge, der seinen
ungeschickten Beinchen wohl mehr zutraute, als sie zu leisten vermochten, fiel
hin und schlug sich das Näschen blutig. Die liebe Mama war sogleich mit der
Trostschokolade bei ihm, so daß die Tränen bald in Lachen übergingen.
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Zum Schluß dachten die Mütter auch an uns, die Kindergärtnerinnen. Ein kleiner
Kurier lief umher und bat uns "Tanten", gemeinsam auf der Bühne zu erscheinen.
Sechs kleine Mädchen überreichten uns Handarbeiten und "Gemälde", die von den
Kindern für uns angefertigt worden waren. Ein Junge trat vor und sagte mit
Fanfarenstimme ein Gedicht auf, in dem wir "Tanten" verherrlicht wurden. Und
dann mußten wir hundert Müttern, Vätern und Omas die Hände schütteln.
Siehst Du, Michaela, so ein Fest ist mehr als ein Vergnügen. Mir hat es
bewiesen, wie schön der Beruf ist, den ich gewählt habe. Gewiß kostet die
Arbeit mit den Kindern Nerven, aber der Lohn ist größer als der Einsatz.
Wir haben einstimmig beschlossen, auch ein Winterfest zu veranstalten. Das
solltest Du miterleben, liebe Michaela.
Viele Grüße von Deiner
Bettina
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